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Key Account Management: Im Wandel der Industrie 4.0

Geschrieben von Roland Kutis, Günther Kesler | Sep 10, 2019 6:46:00 AM

„Key Account Management ist dann erfolg­reich, wenn man die An­forderungen der Kunden richtig versteht”, sagen Günther Kesler und Roland Kutis. Zusammen haben die beiden Key Account Manager von SCHMACHTL bereits über 50 Jahre Berufs­erfahrung gesammelt. Mit wandelnden Kunden­an­forderungen hat sich auch ihr Aufgaben­profil verändert. Im Inter­view geben sie Einblick in die Kern­heraus­forder­ungen, denen ihre Kunden heute in der Be­schaffung gegen­über­stehen und sprechen darüber, wie sie als Key Account Manager bei deren Be­wältigung unter­stützen können.

Das Internet als Vertriebskanal für Direktgeschäfte mit den Kunden hält in so gut wie allen Branchen Einzug. Wieso gewinnt Key Account Management dennoch an Bedeutung?

Es stimmt, dass Quick-Win-Geschäfte über das Internet auch im Industriebereich mehr und mehr Einzug halten. Das betrifft aber vor allen Dingen Commodity-Produkte, bei denen im Grunde drei Faktoren entscheidend sind: Menge, Preis und Verfügbarkeit. Das Key Account Management lebt dagegen von beratungsintensiven Projekten und langfristiger Beziehungspflege. Das Internet unterstützt unsere Tätigkeit im Key Account Management, kann sie aber in keinster Weise ersetzen. Aus unserer Sicht unterstützt das Internet als Vertriebskanal die Geschäftsbeziehung und erzeugt damit eine Win-Win-Situation. 

Die Anforderungen an Key Account Manager verändern sich in Zeiten der Industrie 4.0 zunehmend. Ihre Aufgabe besteht immer weniger darin, Produkte zu verkaufen, als vielmehr Berater der Kunden zu sein. Wie verstehen Sie Ihre Rolle?

Als Key Account Manager ist man der allgemeinen Meinung nach der „Kümmerer der Nation“, der alle Kundenbelange selbst bearbeitet. In der Praxis trifft dies so nicht zu. Man muss sich Key Account Manager vielmehr als Dirigent eines Orchesters vorstellen, die ein vielfältiges Team führen. Je nach Musikstück ist dieses entweder mit Geigern oder mit Trommlern besetzt. Die Kunst des Key Account Managements liegt also darin, die Grundbedürfnisse der Kunden zu identifizieren und analysieren, um entsprechende Aktivitäten im Team setzen zu können.

Die zunehmende Globalisierung und die wachsende Fortschrittsdynamik führen zu einem immer höheren Wettbewerbsdruck, der Kunden dazu zwingt, schneller auf Veränderungen zu reagieren. Das betrifft Sie genauso wie Ihre Kunden. Wie stellt man sich im Key Account Management auf immer kürzere Reaktionszeiten ein?

Indem mehrere Personen im Vertriebsunternehmen direkt mit den Kunden interagieren. Eben dazu arbeiten wir mit Key Account Teams, in denen alle Mitglieder in ihren Expertisen-Bereichen eigenverantwortlich entscheiden können. Das macht uns agil und reaktionsfähig. Dem zugrunde liegt ein tiefgreifendes Verständnis der Kundenanforderungen auf Seiten des gesamten Key Account Teams. Um das sicherzustellen, pflegen wir enge und direkte Beziehungen zu unseren Kunden – und zwar nicht nur durch das Key Account Management selbst, sondern auch durch die jeweiligen Verantwortlichen beispielsweise aus Qualitätssicherung oder im Innendienst.

Vor welchen anderen Herausforderungen stehen Ihre Kunden heute, bei denen das Key Account Management unterstützen kann?

Die wichtigsten Herausforderungen entstehen unserer Erfahrung nach vorwiegend durch Kostendruck, Innovationsdruck und Zeitdruck. Die Unterstützung durch ein Key Account Management (kurz KAM, Anm. d. Red.) Team erfolgt vor allen Dingen dadurch, dass es Spezialisten für jede dieser Anforderungen gibt, die mit den jeweiligen Ansprechpersonen auf Kundenseite zusammenarbeiten. Sprich, in Bezug auf den Innovationsdruck arbeiten beispielsweise Techniker aus dem KAM-Team direkt mit jenen aus dem Entwickler-Team des Kunden zusammen. Damit können wir bestmögliche Ergebnisse in jedem Fachbereich sicherstellen.

Welchen Mehrwert genießen Kunden, die von Key Account Managern betreut werden?

Das Key Account Management betreut Kunden auf mehreren Ebenen und ist mitunter in interne Prozesse miteinbezogen. Der Mehrwert ergibt sich aus der engen Zusammenarbeit und dem Vertrauen darin, einen strategischen Partner in der Bearbeitung vielfältiger Problemstellungen zu haben. Dadurch können bestimmte Aufgabengebiete ausgelagert werden, die nicht im Kernkompetenzbereich der Kunden liegen. So können begrenzte Ressourcen auf Kundenseite dort investiert werden, wo sie am meisten Mehrwert schaffen. Frei nach dem Motto: Alle machen, was sie am besten können.

Das oberste Ziel des Key Account Managements ist der Aufbau von langfristigen Partnerschaften mit Kunden. Wie stellt man das an? Welche Faktoren sind für die Pflege von nachhaltigen Beziehungen von Bedeutung?

In allererster Linie geht es darum, die Kunden und deren Tätigkeitsfelder verstehen zu lernen. Man muss zuhören können. Wie sieht der Markt aus, den sie bearbeiten? Mit welchen Herausforderungen kämpfen sie? Wo liegen ihre Stärken? Wo besteht Handlungsbedarf? Welche Visionen werden verfolgt und wie können wir sie dabei unterstützen? Eine nachhaltige Kundenbeziehung basiert also auf diesem laufenden Interesse an den Kunden und wächst durch Verlässlichkeit, Kompetenz und letztlich zwischenmenschliches Vertrauen. Dabei liegt die Betonung auf „menschlich”, denn darum geht es am Ende des Tages – um den Menschen, mit dem man zusammenarbeitet.

Wie sieht das Qualifikationsprofil von Key Account Managern aus? Welche Kompetenzen sind entscheidend?

Key Account Manager sollten aus unserer Sicht Strategen sein, die konzeptionelle und analytische Fähigkeiten mitbringen. Sie sollten Eigeninitiative zeigen und führungs- sowie motivationskompetent sein. Auch Kommunikations- und Verhandlungsfähigkeiten sind wesentlich.

 

Im Text wurde bei personenbezogenen Bezeichnungen die männliche Form gewählt, um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, sie beziehen sich jedoch ausdrücklich auf alle Geschlechter in gleicher Weise.