Dipl. Ing. Vera Immitzer ist Generalsekretärin des Bundesverbands Photovoltaic Austria. Im Interview sprechen wir über die Relevanz von Sonnenenergie für die Energieversorgung der Zukunft und die neuen politischen Rahmenbedingungen für Förderungen, die den Wandel beschleunigen sollen.
Dipl. Ing. Vera Immitzer
Danke, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben! Was ist die Mission des Bundesverbands Photovoltaic Austria und welche Rolle spielen Sie als Generalsekretärin?
Sehr gerne! Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht die Interessenvertretung der gesamten Wertschöpfungskette der Photovoltaik und Stromspeicherung. Wir versuchen, die Bedürfnisse von Industrie, Handel und Gewerbe miteinander zu vereinbaren. Ziel ist es, die nachhaltige Energieversorgung in Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit als die entscheidende Zukunftstechnik zu etablieren. Ich agiere dabei als Geschäftsführerin. Zu unseren Aufgaben zählt die Mitgliederbetreuung, Kontakt mit den Behörden und Organisation von Veranstaltungen, auf denen Hersteller, wie SCHMACHTL, ihre Produkte präsentieren und den Kundenkontakt herstellen können.
Was begeistert Sie an Ihrer Aufgabe?
Sämtliche Gebiete rund um Photovoltaik und Stromspeicher sind enorm vielschichtig. Bei all unseren Aktivitäten geht es um wirtschaftliche, rechtliche, technische und auch soziale Fragestellungen, um diese Form der Energieversorgung am Markt zu etablieren. Der Markt für PV und Stromspeicher ist in den letzten Jahren ziemlich stabil gewesen – das Wachstum ist aber zu gering, wenn wir die Ziele der Bundesregierung erreichen wollen. Klar ist, dass die Investitionen sowohl im Privatbereich, als auch in der Industrie steigen müssen. Dafür braucht es gesetzliche Grundlagen der Regierung, die jetzt geschaffen sind.
Welche Grundlagen sind das?
Ab 2020 gilt das Notpaket, das der Nationalrat am 25. September 2019 auf unser Drängen hin beschlossen hat. Um die Ziele des Pakets zu erreichen, müssen wir die PV-Leistung in den nächsten Jahren verzehnfachen. Die Aussichten sind gut: Es wurde sowohl eine Investitionsförderung für Photovoltaik-Anlagen, als auch für Stromspeicher beschlossen. Die PV-Leistung wurde um 20 Prozent erhöht und die Speicherkapazität verdoppelt. Außerdem wurde die Eigenverbrauchssteuer auf selbst erzeugten und verbrauchten Sonnenstrom gänzlich abgeschafft. Ein großer Erfolg!
Investitionsförderung für PV- und Stromspeicher-Anlagen, Quelle: https://www.pvaustria.at
Wieso glauben Sie, stagniert der Markt in Österreich?
Viele schrecken vor vermeintlich hohen Kosten der Anlage zurück, dabei gibt es mittlerweile zahlreiche Modelle, die zeigen, dass sich eine PV-Anlage auf jeden Fall lohnt. Wenn der Gebäudebesitzer selber nicht investieren möchte, kann bei einem Bauprojekt auch ein Externer die PV- und Speicheranlage vorfinanzieren. Die Rückzahlung erfolgt dann im Laufe der Betriebsjahre.
Welche Rolle schreiben Sie PV und Stromspeichern für Österreichs Zukunft zu?
Fest steht, dass Österreichs Stromversorgung in den nächsten zehn Jahren komplett umgekrempelt werden muss. Photovoltaik und Stromspeicher werden hier die größte Rolle spielen, da Wind- und Wasserkraft an ihre natürlichen Grenzen stoßen. Deren Standortmöglichkeiten reichen schlichtweg nicht mehr aus. Für PV gibt es ein enormes Potential, das nur darauf wartet, ausgeschöpft zu werden, denn sie ist nicht an bestimmte Standorte gebunden. Überall dort, wo Sonne hinscheint, kann man Sonnenenergie nutzen. An der Fassade, auf Dächern oder Parkplätzen – die Möglichkeiten sind grenzenlos. Der Fantasie können und dürfen hier keine Grenzen gesetzt werden, denn die Energie, die Wind- und Wasserkraft in Zukunft nicht mehr ausreichend bereitstellen können, muss von der Sonne gedeckt werden.
Wie sieht es mit dem Energieverbrauch aus? Werden wir nicht immer sparsamer?
Im Gegenteil: Wir werden in Zukunft immer mehr Strom brauchen. Stichwort Elektromobilität: Wir werden mit Strom fahren. Dafür braucht es schon einen enormen Energieaufwand. Wir werden auch mit Strom heizen, da moderne Gebäude mittlerweile so effizient gedämmt sind, dass sie fast keine Wärmeenergie mehr brauchen. Der Verbrauch wird so gering sein, dass man ihn mit einer eigenen PV-Anlage inklusive Stromspeicher locker selbst erzeugen kann.
Ab wann startet in diesem Jahr die Förderung?
Es gibt eine PV-Förderung für Kleinanlagen, die jedes Jahr neu aufgesetzt wird. Wann diese starten wird, ist regierungsbedingt noch nicht klar. Wir glauben, dass sie im Frühjahr beginnt. Die Speicherförderung fängt am 11. März über die OeMAG an. Hier hat man die Möglichkeit, 250 Euro pro Kilowattstunde zu erhalten. Auch eine gute Nachricht: Das Budget wurde von sechs Millionen auf zwölf Millionen Euro angehoben! (Anm. d. Red.: Alle Informationen zu den Förderungen finden Sie hier.)
Wie stehen die Chancen für eine Förderung?
Letztes Jahr war die Speicherförderung innerhalb von 40 Sekunden vergeben. Das lag daran, dass ein paar sehr große Speicher beim Ansuchen um Förderung dabei waren. So war das Budget natürlich schnell ausgeschöpft. Dieses Jahr ist das anders: Die Bundesregierung hat die maximale Größe für Speicherförderung eingeführt: max. 50 Kilowattstunden. Somit sind die Chancen für eine Förderung enorm gestiegen, wovon vor allem kleinere Anlagen profitieren werden.
Haben Sie Tipps, damit der Förderantrag erfolgreich wird?
Beschäftigen Sie sich unbedingt rechtzeitig mit Ihrem Antrag auf Förderung! Es ist wichtig, alle nötigen Unterlagen parat zu haben und rasch seinen Antrag stellen zu können. (Anm. d. Red.: Hier haben wir Ihnen eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für Ihren Förderantrag zusammengestellt. Lesen Sie auch unseren Artikel „Speicher-USV: Hat sich die Investition gelohnt? Ein Kunde packt aus“ und erfahren Sie, wie einer unserer Kunden an seine Förderung gekommen ist.)
Welche technischen Neuerungen gibt es in der Branche?
Man weicht immer mehr von der typischen Südausrichtung ab und ständert PV-Paneele in Richtung Ost-West auf. So erzeugt die Anlage in der Früh oder am Nachmittag Strom, also zu Zeiten, zu denen man meistens auch daheim ist, um den Strom direkt zu nutzen. Bei einer südlichen Ausrichtung kommt es mittags zu einer Stromspitze. Da man Mittags möglicherweise nicht zuhause ist, kann ein Stromspeicher den Sonnenstrom für den Nachmittag und Abend speichern. Auch von der Ästhetik her hat sich einiges getan: So ist beispielsweise eine Integration der Paneele in die Fassade möglich, oder das Bedrucken der Module, sodass sie sich an die Farbe des Daches anpassen und kaum mehr auffallen. Auch interessant: Sogenannte bifaciale PV-Module, die auch mit der Rückseite Sonnenenergie erzeugen können. Das funktioniert besonders gut, wenn der Untergrund hell ist und das Licht gut reflektiert. Die schönsten Projekte können sie am 19. März bei unserem Innovationsaward für Bauwerkintegrierte Photovoltaik bestaunen, der die besten unter ihnen auszeichnet. Wir möchten hier Impulse setzen, um die Paneele am Gebäude zum Standard zu machen – auch vom Design her.
Noch ein Wort zum Schluss?
Es existieren viele Mythen über PV: Zum Beispiel, dass sich eine Anlage nicht rechnet. Dabei amortisiert sich eine Anlage für Privatperson bereits nach acht Jahren. Danach erzeugt sie noch mindestens weitere 17 Jahre kostenlos Strom! Klar ist, dass wir unseren Stromkonsum überdenken müssen. Weg vom Beziehen aus dem öffentlichen Netz hin zum bewussten Umgang mit der Ressource. Online-Portale, auf denen man seine Stromproduktion und -verbräuche kontrollieren kann, wirken sehr motivierend und sensibilisieren für das Thema. Wir stehen in jedem Fall weiterhin mit Informationen und Initiativen an der Seite der erneuerbaren Energien!
Wir bedanken uns herzlich bei Dipl. Ing. Vera Immitzer für Ihre Zeit und die spannenden Einblicke!
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